Seine lange Karriere und seine Stimme, genauso rau wie seine Texte (in Englisch, Französisch oder Niederländisch) machten Arno zu einem Monument, zum "belgischen Tom Waits". Aber bevor er den beseligten Sänger "auf europäische Art" inkarnierte, befand sich der gebürtige Ostender im Mittelpunkt der New Wave Revolution, damals als Brüssel in Richtung London und New York schielte, um frischen Wind in den Rock n'Roll zu bringen. Kürzlich hat er einen seiner bekanntesten Titel «Putain Putain» im Duo mit seinem Landsmann Stromae aufgezeichnet. "Stabsübergabe" von einer Generation zur anderen.

1980 steht es um den den Prinzen der Motown schlecht: Karriere am Tiefpunkt, Kokain bis zum Geht-nicht-mehr und das Finanzamt auf der Pelle, flieht er nach London. Dort findet ihn Freddy Verdussen, Restaurateur in Ostende, der ihm eine "Hintertür" öffnet. Fast zwei Jahre lang bringt er ihn unter, päppelt ihn mit köstlichen Gerichten und Jogging auf. Während dieser belgischen Zurückgezogenheit schreibt Marvin Gaye das Album seines Come-backs, "Midnight Love" (mit dem Hit "Sexual Healing"). Aber dieses Märchen hat ein schlimmes Ende: Nachdem ihn sein Idol auf dem Weg zum Ruhm verlassen hat, versinkt Freddy in Depressionen; Marvin Gaye seinerseits wird zwei Jahre später von seinem eigenen Vater erschossen.

Hugo Clauss (1929 – 2008) ist einer der berühmtesten belgischen Schriftsteller: Romanautor, Poet, Drehbuchautor aber auch Filmeregisseur und Maler (Mitglied der CoBrA-Bewegung), der mehrmals für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde. Der Kummer von Belgien ist ein Bildungsroman, die Geschichte von Louis Seynaeve, einem Jugendlichen, der während des zweiten Weltkriegs, in ein Internat eingewiesen, die Welt der Erwachsenen beobachtet. Unter anderen auch seinen Vater, flämischer Nationalist, der mit den Deutschen sympathisiert, um seine Geschäfte abzusichern. Ein wesentlicher Roman.

Die Existenz dieser Bewegung war kurz (1948-1951) aber fruchtbar. Ihr Name kam von den Herkunftsstädten der wichtigsten Mitglieder, die Maler Asger Jorn (Copenhagen), Pierre Alechinsky (Brüssel) und Karel Appel (Amsterdam). Diese Gruppe rief dazu auf, zu den Quellen der primitiven, prähistorischen und mittelalterlichen Kunst zurückzukehren, um das Desaster von 1939-1945 besser zu verkraften, das wie ein Beweis des Zerfalls der modernen Welt gesehen wird. Venus des Surrealismus, die Mitglieder von CoBrA geben einer spontanen, interdisziplinären und freien Kreation des Pariser Kunstmilieus den Vorrang.

Tom Lanoye ist in Flandern, den Niederlanden und in Deutschland sehr bekannt, wo er einer der meist aufgeführten ausländischen Stückeschreiber ist. Es handelt vom Tod seiner Mutter, einer Amateurschauspielerin, die nach einem Schlaganfall die Sprache verliert.

Was ist denn belgisch beim Schöpfer von Maigret, dem französischsten aller Roman-Polizisten, der sich im Alter von neunzehn Jahren in Paris niedergelassen hat? Die Kenner von Georges Simenon (1903-1989) und seines Geburtsorts Lüttich schwören jedoch darauf, dass sich die Seele der Stadt wie ein roter Faden durch sein umfangreiches Werk zieht.

« Was mich am Schreiben interessiert ist die Überlegung zur Form ». Um bei dieser Suche Fortschritte zu machen, zieht sich Jean-Philippe Toussaint regelmäßig in eine kleine Wohnung in Ostende, an der Meeresküste, zurück. Als ob einzig die Strände dieser Stadt in Flandern dem Brüsseler Schriftsteller als weiße Seiten dienen könnten. Sich lieben, ist der erste Band der späteren Trilogie (mit Fliehen und Die Wahrheit über Marie). Eine Geschichte über Liebe und Trennung, die in Tokyo beginnt und über welcher eine Melancholie schwebt, die so dicht wie ein Nebel über der Nordsee ist.

Caroline Lamarche ist die Tochter einer wallonischen Industriellenfamilie, die, lange Jahre in Spanien und Afrika verbracht hat (Le jour du chien, Karl et Lola, La chienne de Naha…). Dennoch bezeichnet sie sich als sehr von der Stadt Lüttich geprägt, in die sie ständig zurückkehrt. Zusammen mit dem Fotografen Christian Carez die Ufer der Maas, der Sambre, der Schelde usw. durchstreift. Aus dieser intimen und freien Irrfahrt entstanden Fotos und Texte, die Realität, Fiktion und Erinnerungen mischen.

Diese "echte-falsche" Reportage in Schwarz-Weiß über die Drangsale des Profikillers Ben (Hauptrolle im Film von Benoît Poelvoorde) feierte 1992 in Cannes und dann in den Kinosälen einen Triumph. Ein völlig unerwarteter Erfolg, mitreißend und störend, wo man schnell vom Galgenhumor der Kultsituationen und -texte zu einer Art voyeuristischem Unbehagen wechselt. Genau so wie das Journalistenteam des Films, das nach und nach jeglichen Abstand zu seinem haarsträubenden Thema verliert.

Die Zweisprachigkeit und belgische Ausdrucksweise ("das allgemeine Rette-sich-wer-kann!"), die Pommes Frites, die trübseligen Ebenen und ein kleiner, inkontinenter Junge, eine Parodie von Victor Hugos Erzählung von Waterloo und eine andere von Bruegel dem Alten in der Szene des Hochzeitsbanketts.... Für sein letztes Drehbuch, das er vor seinem Tod Uderzo anvertraute, hat René Goscinny (1926-1977) jede Planke mit allen möglichen Anspielungen und faulen, belgischen Witzen vollgestopft!

Der belgische Schriftsteller und Journalist David Van Reybrouck hat die Geschichte der ehemaligen belgischen Kolonie Kongo nachgezeichnet. Dazu befragte er hunderte Personen und stöberte in tausenden Unterlagen. Das Ergebnis ist ein historisches Fresko « von unten gesehen », das sich über mehr als hundert Jahre hinzieht, lebendig wie ein Artikel eines Auslandssonderkorrespondenten und genauso mitreißend wie ein Roman.